Offener Brief an Ina Brandes - Ministerin für Kultur und Wissenschaft in Nordrhein-Westfalen

Sehr verehrte Frau Ministerin,

die drohenden Kürzungen im Etat 2024 des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft haben die ganze Szene der darstellenden Künste stark beunruhigt. Unsere Mitglieder, sowie andere Künstlerinnen und Künstler fragen sich, wie es im nächsten Jahr weitergehen soll. Auch die Mitglieder der Jury für den Kölner Ehren-Theaterpreis 2023 haben das Thema in ihrer diesjährigen Sitzung diskutiert.

Nach unseren Informationen sieht der Haushaltsplan-Entwurf vor, im Bereich Kultur und Wissenschaft 7,5 Mio. EUR zu streichen. Dies wären die ersten Kürzungen im Kulturetat des Landes seit 11 Jahren!! Und im Übrigen ganz im Gegensatz zu der Verpflichtung im Koalitionsvertrag, in dem beschlossen ist, den Kulturetat bis 2027 um 50% zu erhöhen. Die Versicherung, diese gestrichenen Mittel in 2024 durch Zugriff auf Rücklagen im Kulturetat nahezu auszugleichen, beunruhigt uns nicht - ganz im Gegenteil.

Wir verkennen keineswegs die absolute Notwendigkeit der Priorisierung der Ausgaben staatlicher Mittel im Angesicht existenzbedrohender Krisen und vor allem angesichts des noch immer andauernden Angriffs der russischen Oligarchie auf die Ukraine. Alles in der Macht Deutschlands und Europas stehende muss unternommen werden, um den Angriff auf die Werte, die uns erst zu Menschen machen, zurückzuschlagen. Unser 'Schlachtfeld' als Künstler:innen und Kulturschaffende ist dabei aber nicht das militärische, sondern das geistige. Deshalb fordern wir, analog zur Erhöhung der Ausgaben für Rüstung, auch die Erhöhung der Ausgaben für Kunst und Kultur.

Im, in der vergangenen Legislaturperiode, erarbeiteten Kulturgesetzbuch NRW steht: »Es geht um nichts weniger als die bestmögliche Absicherung und Weiterentwicklung der Struktur von Kunst und Kultur in Nordrhein-Westfalen [...]. Es ist ein Kernanliegen unserer Kulturpolitik, die sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Künstlerinnen und Künstler zu verbessern [...]. Bei allen Förderungen des Landes sind Honoraruntergrenzen zu beachten, die von dem für Kultur zuständigen Ministerium, den kommunalen Spitzenverbänden und den jeweiligen kulturellen Fachverbänden erarbeitet werden

Dieses Gesetz ist seit dem 01.01.2022 in Kraft.

Angesichts der damit endlich gesetzlich festgelegten Honoraruntergrenzen, der enormen Kostensteigerungen der letzten Jahre in nahezu allen Bereichen und Gewerken und der aktuellen Inflation können Kürzungen im Kulturhaushalt schnell dazu führen, dass die gesetzlich festgelegten Parameter nicht erreicht werden können. Die 'Alternative' ist das Einsparen von Produktionen und/oder kleine Besetzungen unter Verzicht auf Honorarkräfte, Entlassung von Personal, kurz: existentielle Einschnitte in Angeboten von Kunst und Kultur im Land.

Sehr verehrte Frau Ministerin, wir fordern Sie auf, sich bedingungslos dafür einzusetzen, dass das Koalitionsziel nicht konterkariert und umgedreht wird und dass die gesetzlichen Vorgaben erfüllbar werden.

In den Richtlinien des Landes für Kulturgesetzbuch NRW steht: »Das Land Nordrhein-Westfalen sorgt mit dieser neuen Regelung dafür, dass Künstlerinnen und Künstler angemessen vergütet werden müssen.«
Bitte sorgen Sie dafür, dass diese längst überfällige und positive Regelung nicht durch Streichungen der Fördermittel zur Minimierung des Angebots von Kunst und Kultur im Land führt. Gerade in solchen Krisenzeiten, wie derzeit, können Kunst und Kultur Kraft und Orientierung geben.

Voller Hoffnung auf eine Rücknahme Ihrer Kürzungen und der versprochenen Anhebung des Etats grüßen wir Sie!


Der Vorstand des VdK - Verein für darstellende Künste Köln und Mitglieder der Jury für den Kölner Ehren-Theaterpreis 2023 - selbst alle mit dem Ehren-Theaterpreis ausgezeichnet.

Oktober 2023

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